Ehrlich erstaunt bin ich ja darüber, wie sich meine Kunden doch für meinen Job interessieren. Immer wieder kommen Fragen, wie denn so ein Tag, eine Woche bei mir abläuft. Das habe ich neulich Jochen erzählt. Sie wissen schon, der Marketingfuzzi, der mich auch dazu verleitet hat „Über mich“ zu schreiben. Jetzt meinte er wieder, ich solle das doch einfach mal aufschreiben. So habe ich mir im vergangenen Herbst mal eine Woche rausgepickt, mir jeden Abend ein paar Gedanken und Notizen gemacht und so sind diese Zeilen entstanden. Wenn es Sie also interessiert, steigen Sie ein und begleiten Sie mich für eine Woche im OFEN-TAXI:
Montag 8:00 Uhr, km Stand: 0.000
Der Montag beginnt erstmal im Büro. Die letzten Lieferscheine ausdrucken, nochmal im Lager anrufen, dass auch wirklich alles hergerichtet ist usw. Oft ist der Montag auch der Tag mit den meisten Anrufen und so wird´s meist ziemlich hektisch. Nebenbei gehört auch das OFEN-TAXI gepackt: 20l frisches Wasser für Körperpflege und Kaffee, Klamotten zum Wechseln, Handtücher, Notebook… und die Technik soll sich auch wohlfühlen: Öl, Wasser und sonstige Flüssigkeiten checken, Ladebordwand abschmieren, Sichtkontrolle Bremsen und im Winter ein besonderes Augenmerk auf die Batterien und die Standheizung.
So wird es meist gegen 14:00 Uhr bis ich mich von Frau und Hund verabschiede und mich auf den Weg ins Lager mache. Das ist in einem Ofen-Großhandel integriert, was mir eigenes Personal erspart und zudem die Gewissheit bietet, dass ich zur Not auch mal kurzfristig Zugriff auf bestimmte Kleinteile habe, falls ein Kunde in letzter Minute noch etwas beigepackt haben will. Auch wenn das, was ich mache, vordergründig eine One-Man-Show ist – funktionieren tut die Nummer nur, weil ich im Laufe der Jahre einige wenige Leute mit einbinden konnte, die mich verlässlich unterstützen. Die Fahrt ins Lager dauert meist eine knappe Stunde. Zeit genug, die kommenden Tage in Gedanken nochmal durchzugehen und sicherzustellen, dass auch wirklich nichts vergessen geht.
Nach dem üblichen „Hallo“ und etwas Smalltalk sowie dem Austausch mehr oder weniger wichtiger Neuigkeiten aus der Branche geht´s ans Verladen. Heute sind es drei Kaminöfen vom Typ Brunner Iron-Dog sowie ein schwerer, wasserführender Eck-Kamin, ebenfalls von Brunner. Mit einem kleinen Sichtcheck und einer ordentlichen Ladungssicherung geht´s auf 17:00 Uhr zu, bis sich die Ladebordwand schließt. Abfahrt? Nein, noch nicht ganz. Es ist noch kein Proviant an Bord. Also schnell zur REWE um die Ecke (unterwegs alternativ natürlich auch Aldi, Lidl, Netto usw.) und neben dem kleinen „Wocheneinkauf“ mit einem Kaffee - natürlich im umweltfreundlichen Mehrwegbecher – ausgestattet geht´s endlich los. Es ist jetzt 18:00 Uhr. Zehn Stunden auf den Beinen, andere machen jetzt Feierabend.
Das Navi sagt mir, dass ich bis zum ersten Kunden in Viersen noch exakt 554 km vor mir habe und die schnellste Route über die A3 führt. Wobei „schnell“ auf der A3 immer relativ ist. Angemeldet bin ich für Dienstag gegen 11:00 Uhr. Das sollte jedenfalls halbwegs komfortabel machbar sein. Während der Verladung und während des Einkaufs haben sich ein paar Anrufe in Abwesenheit angesammelt. Die gehören jetzt abgearbeitet: Ein Kunde möchte seinen Liefertermin abstimmen, ein anderer kämpft gerade mit der Montageanleitung für einen Schamottesatz und der Dritte ist ein Interessent, der den Unterschied zwischen Blend- und Anbaurahmen bzw. Tragrahmen erklärt haben möchte, bevor er einen Schmid Ekko bestellt. Alles keine großen Sachen und schnell geklärt. So ist es jetzt erstmal Zeit zum Durchatmen. Es ist gegen 19:00 Uhr, um diese Jahreszeit setzt bereits die Dämmerung ein und der übliche Feierabend-Stau bei Nürnberg löst sich auch schon langsam auf.
Nur unterbrochen von ein paar Anrufen gestaltet sich die Fahrt auf angenehme Weise langweilig. Ich bin im Zeitplan, Tempomat 90 km/h, spritsparend im Windschatten der großen Trucks passiere ich gegen 20:00 Uhr Würzburg, um 21:30 Uhr lasse ich den Airport Frankfurt links liegen. Die A3 windet sich durch den Taunus, der Diesel brummt monoton vor sich hin und hr4 spielt angenehm entspannende Musik. Völlig klar, dass 99,9% meiner Mitmenschen das nicht verstehen wird – aber ich für meinen Teil möchte jetzt an keinem anderen Ort der Welt sein. Ist es Trucker-Romantik? Eher nicht, denn erstens sind die romantischen Zeiten in dem Gewerbe längst vorbei und zweitens hat das OFEN-TAXI mit einem echten Truck soviel zu tun wie ein Golf mit einem Formel 1 Renner. Ist es Fernweh? Ich denke auch nicht. Denn wenn ich ehrlich bin habe ich das europäische Festland noch nie verlassen und habe es im Moment auch nicht vor. Welchen Reiz also übt eine nächtliche Autobahn aus? Ich kann´s Ihnen nicht sagen, müsste man mal einen Psychologen befragen. Tatsache ist, dass ich schon meine Kindheit in Rufweite der A5 nördlich von Frankfurt am Main verbracht habe und schon damals gerne von einer Brücke die Autobahn beobachtet habe. Stundenlang. Wie auch immer, ich genieße jedenfalls diese Zeit des Tages, wenn der Stress langsam abfällt und man seinen Gedanken nachhängen kann. Die führen gelegentlich sogar zu ganz brauchbaren Einfällen, wie und was ich in Sachen Geschäft ändern und verbessern könnte. Einigen wir uns also darauf, dass ich in den Abendstunden meine kreative Phase habe. Das hört sich doch gleich viel besser an ;-)
Gegen 22:30 Uhr verlasse ich heute bei Limburg die A3. In einem Gewerbegebiet nahe der ICE Haltestelle findet sich leicht ein Parkplatz und der Standort lässt mir am nächsten Vormittag noch die Möglichkeit auf Eventualitäten hinsichtlich der Verkehrslage zu reagieren. Ist die A3 ohne Stau passierbar, fahre ich dort weiter. Falls nicht, kann ich über Koblenz und die A61 ausweichen. Wenige Stunden später sollte sich herausstellen, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Nach dem Abendessen und einer Katzenwäsche ist dieser Montag Geschichte und ich ziehe mich um Mitternacht in die Koje zurück. Weit ist der Weg ja nicht, nur ein Stockwerk höher im OFEN-TAXI. Der Wind trägt das Rauschen der A3 herüber. Hat etwas von Meeresrauschen. Ich werde heute Nacht gut schlafen.
Dienstag 8:00 Uhr, km Stand: 442,3
Der Tag beginnt mit Luxus pur, nämlich Apfelkuchen und Cappuccino von „Mc Cafe“. Das ist die Ausnahme, meist tut es ein löslicher Kaffee im OFEN-TAXI. Zähneputzen in der Morgensonne auf der Straße und nebenbei melden der Verkehrsfunk und Google Maps übereinstimmend 90 min. Verzögerung vor dem Kreuz Bonn-Siegburg. Ich grinse und klopfe mir innerlich auf die Schulter für meinen guten Riecher vom Vorabend. Dann biege ich beim Dreieck Dernbach auf die A48 Richtung Koblenz ab und etwas später weiter auf der A61 Richtung Mönchengladbach. Es sind gut 200 km bis zum Kunden nach Viersen. Das ist zu schaffen. Telefon: „Herr Hopp, bei meinem BSK 05 fehlen die Spannzangen.“ Antwort: „Doch, die waren dabei, stehen rechts hinten, da wo am Freitag noch die Leiter stand, Ihre Frau hat´s gesehen.“ Kunde: „Moment, ahhh ja… warum sagen die auch nix, meine Frau ist nicht da und ich suche schon seit einer Stunde. Danke und gute Fahrt.“ Das wäre geklärt, danach bleibt dieser Dienstagvormittag erstaunlich ruhig.
Pünktlich um 11:00 Uhr liefere ich den Brunner Kamin-Kessel ab. Die Baustelle ist gut befahrbar, der Kunde hat eine vorbildliche Rampe gebastelt und so gelangt das 350kg schwere Gerät sehr bequem mit dem Hubwagen an Ort und Stelle im späteren Wohnzimmer. Dennoch wird es 12:45 Uhr, bis ich weiterkomme. Denn das Gerät war als „Heimwerker-Paket“ bestellt und darin enthalten ist zusätzlich zur üblichen Sichtkontrolle auch noch eine ausführliche Beratung zum Einbau. Der Kunde ist auch hier bestens vorbereitet, nämlich schon mit Block und Stift bewaffnet und er hat bereits eine grobe Skizze angefertigt. Bis auf ein paar Kleinigkeiten kann er das so umsetzen wie geplant, nur die Materialauswahl für die Verkleidung sollte er nochmal überdenken und an das Gerät anpassen. Am Ende der Beratung freut er sich über den Input und ich habe das gute Gefühl, dass er den Aufbau nun problemlos gebacken bekommt. So macht das richtig Spaß.
Mein nächster Termin ist dann nochmal eine Beratung, in dem Fall zunächst noch ohne Geräte-Lieferung. Um 14:00 Uhr bin ich mit dem Kunden auf der Baustelle in Kleve verabredet. Das ist gerade noch zu schaffen… Die Beratung an sich gestaltet sich dann ziemlich kompliziert, da die örtlichen Gegebenheiten mehrere Varianten zulassen, die alle ihre eigenen Vor- und Nachteile haben. Letztlich wird es – auch unter Berücksichtigung der Kosten – auf einen Bausatz von Camina herauslaufen. Mit einer individuellen Lösung könnte man die Sache zwar noch etwas pfiffiger lösen, aber die würde auch gleichzeitig einen finanziellen Aufwand sowie handwerkliche Fähigkeiten erfordern, die der Kunde nicht leisten kann. Hier musste also ganz klar ein ehrliches Wort gesprochen werden, wenn man dem Kunden eine echte Hilfe sein will. Das ist zwar in dem Moment gelegentlich etwas schmerzhaft, auf lange Sicht aber der einzig richtige Weg. Es ist jedenfalls 16:30 Uhr bis ich wieder im OFEN-TAXI sitze und die Liste der Anrufe in Abwesenheit ist lang. So langsam wird der Tag echt anstrengend.
Der erste der gestern geladenen Iron-Dogs sollte eigentlich um 17.00 Uhr bei seinen neuen Besitzern in Dordrecht bei Rotterdam in den Niederlanden sein. Keine Chance. Ich rufe an und verschiebe auf 18:00 Uhr, was die Dame des Hauses mit allergrößter Entspanntheit zur Kenntnis nimmt. Auf der Fahrt arbeite ich die entgangenen Anrufe ab, was mich quasi während der gesamten Fahrt beschäftigt und so erreiche ich um kurz vor 18:00 Uhr mein Ziel. Der „eiserne Hund“ wird von einem ausgesprochen netten Paar in Empfang genommen. Ich bin wieder mal erstaunt, wie viele Niederländer doch so gut deutsch sprechen und schäme mich ein wenig, dass ich nix zur Verständigung in der Landessprache beitragen kann. Warum haben mich meine Eltern damals in der Schule eigentlich Latein lernen lassen? Achso ja… der Bub sollte ja studieren… Das war wohl nix, wie in „über mich“ nachzulesen ist.
Der nächste Iron-Dog ist für Mittwoch am Vormittag in Den Helder angemeldet, also knapp 180 km nördlich. Ich kaufe mein Abendessen ein, gönne mir eine Dusche auf einem Rastplatz nahe Den Haag und mache mich anschließend an die Büroarbeit. Es sind zwei Bestellungen zu bearbeiten und einige Emails zu beantworten, meine Steuerberaterin braucht diverse Infos und Unterlagen, bei den Kaminöfen von Scan sind ein paar Produktneuheiten einzupflegen usw. Das alles braucht Zeit und so wird es wieder Mitternacht, bis im OFEN-TAXI das Licht ausgeht. Das „Meer“ rauscht wieder und etwas Wellengang ist auch, denn draußen ist es windig geworden und wenn wieder eine Breitseite kommt, merkt man das 3 Meter über dem Asphalt schon deutlich.
Mittwoch 8:00 Uhr, km Stand 916,0
Instantkaffee und ein Joghurt, Abfahrt Richtung Den Helder. Was in Holland neben den netten Menschen nachhaltig beeindruckt, ist die Qualität der Autobahnen. Topfeben, ausreichend Fahrspuren und erstklassige Beschilderung. Da kann man als Deutscher, wo traditionell immer der größte Versager das Verkehrsministerium leitet, nur neidisch gucken. Man glaubt es kaum, aber es ist tatsächlich möglich, dass man Übergänge zu Brücken ohne fiese Absätze baut und Kanaldeckel fahrbahnbündig einlässt. Ähnliches gilt im Übrigen beim Thema Mobilfunk. Aber lassen wir das, ich will mir ja nicht am frühen Morgen schon die Laune für den ganzen Tag verderben. Immerhin empfängt mich der Tag mit strahlendem Sonnenschein. An Amsterdam vorbei geht´s also nach Den Helder. Der Kunde ist nicht da, hatte aber vorab bezahlt und die Garage steht offen wie verabredet. Ich stelle den Iron-Dog dort ab, dokumentiere das mit mehreren Fotos und befahre schon gegen 11:00 Uhr den Damm übers Ijsselmeer mit Ziel Papenburg in Deutschland.
Termin beim Kunden habe ich gegen 15:00 Uhr und bin gut in der Zeit, kann sogar jetzt schon meinen Tageseinkauf erledigen und eine halbe Stunde für die Bearbeitung von Emails etc. abzweigen. Auch dieser Iron-Dog wird bereits sehnsüchtig erwartet von einem Herrn in den 60er Jahren, der ihn seiner Enkelin zu Hochzeit schenken will. Klar, dass da alles passen muss und so fällt die gemeinsame Sichtkontrolle nochmal etwas ausführlicher aus als üblich.
Übrigens. Es ist purer Zufall, dass ich in dieser Woche drei Brunner Iron-Dog im Auto hatte. Der Iron-Dog ist ein Kaminofen für Kenner und Fans der Marke Brunner, definitiv kein Massenprodukt. Kein Zufall ist es dagegen, dass zwei der drei Iron-Dogs in die Niederlande gingen. Die Geräte stehen ins unserem Nachbarland besonders hoch im Kurs.
Um 16:00 Uhr ist das OFEN-TAXI leer und es liegen noch gut 170 km vor mir. Das Ziel lautet Camina & Schmid in Bissendorf bei Osnabrück. Es wäre ja ökologisch und ökonomisch auch überhaupt nicht vertretbar, mit einem leeren OFEN-TAXI von Ostfriesland zurück nach Bayern zu fahren. Da ich bei Camina aber erst am Donnerstagfrüh wieder laden kann, gönne ich mir heute Abend in Osnabrück noch eine kleine Auszeit, gehe im dortigen „Nettebad“ gemütlich in die Sauna und stehe um 23:00 Uhr rundum frisch gepflegt und in Wohlfühlstimmung auf dem Betriebsparkplatz von Camina & Schmid. Viktor, der Obertrucker von Camina ist schon da und schaut fern in seiner Kabine. Er macht sich wie immer über meinen „Kleinwagen“ lustig und darüber, wie ich in meinem „Vogelnest“ überhaupt schlafen kann. Aber sonst ist er eigentlich ganz nett, der Viktor ;-)
Donnerstag 8:00 Uhr, km Stand 1.456,9
Schlechte Karten was eine zügige Beladung betrifft: Viktor ist früher aufgestanden (war ja auch früher in der Koje), hat sich mit seinem 40-Tonnen-Luxus-Liner breit gemacht und beansprucht Platz und Personal. Einer Mischung aus Sympathie und Mitleid der äußerst engagierten Camina-Truppe habe ich es zu verdanken, dass ich dennoch nach weniger als einer Stunde beladen und startklar bin. Nicht umsonst habe ich Camina für mich selbst jetzt schon 2 x zum „Hersteller des Jahres“ gekürt. An Bord habe ich jetzt eine große Camina S14 mit Naturstein Feuertisch, dazu ein edler Schmid Ekko 84 und ein klassisches Austauschgerät „Alt gegen Neu“ in Gestalt eines Schmid SD 9 E.
Mit dem Ekko habe ich um 14:00 Uhr einen Termin beim Kunden in der Nähe von Dessau. Das sind knapp 350 km und so gilt es, keine Zeit mehr zu verlieren. Die A2 präsentiert sich heute zum Glück mal relativ harmlos, der Verkehr fließt zwar dicht aber ohne nennenswerten Stau gen Osten und so geht´s über Hannover und Magdeburg runter auf die A14 und dann via Halle rüber nach Dessau. Es ist auch hier wieder ein „Heimwerker-Paket“ vom Kunden bestellt, also mit ausführlicher Beratung bei Anlieferung. Die Baustelle präsentiert sich nicht so optimal wie am Dienstag zuvor, das Gerät kann auf dem Schotter unmöglich mit dem Hubwagen gefahren werden, ohne dass die empfindliche, 1-teilige Verglasung Schaden nehmen würde. Hier muss der Kunde später mit ein paar Helfern Handarbeit leisten und das Gerät tragen. Entladen, Einweisung und Beratung nehmen auch hier knapp 2h in Anspruch. Einen großen, 2-seitigen Heizkamin zu verkleiden, ist nicht so ganz einfach. Entsprechend umfangreich muss die Beratung hinsichtlich Tragrahmen und Verkleidung ausfallen. So wird es 16:00 Uhr bis ich wieder starten kann, habe aber auch hier das Gefühl, dass mein Kunde ab jetzt ganz gut alleine klarkommt.
Da der kleine Schmid SD 9 E schon gegen 20:00 Uhr in Weiden abzuliefern ist, habe ich es ziemlich eilig und so bleibt heute nur Zeit für eine kurze Dusche. Am Rande bemerkt liegt, wenn man ständig auf Achse ist, eine der größten Herausforderungen bereits darin, nicht durch mieses Essen, mangelnde Bewegung und nachlässige Körperpflege im Laufe der Zeit völlig zu verlottern. Und so wird das OFEN-TAXI zumindest jeden zweiten Tag für 30 min. zum mobilen Fitnessstudio für ein paar Sätze Situps, Liegestützen und dergleichen. Genauso wie ich versuche, den Konsum von Fastfood auf ein absolutes Minimum zu beschränken und mir jeden Tag eine Dusche zu gönnen. Auch wenn letzteres auf deutschen Fernstraßen oft einer Lotterie gleicht. Und so nimmt man sanitäre Anlagen wie am ARAL Autohof am Hermsdorfer Kreuz gerne an. Für faire 3,00 Euro findet man hier immer blitzsaubere und beheizte Duschen vor. Danke dafür mal an dieser Stelle.
Tatsächlich schaffe ich es mit kleiner Verspätung bis 20:15 Uhr nach Weiden. Der ältere Herr hat noch die Bitte, einen Blick auf den bestehenden Ofen zu werfen, für den das Gerät im Austausch „Alt gegen Neu“ dienen soll. Eigentlich ein kompletter Irrsinn, denn der dort seit 25 Jahren verbaute Heizeinsatz sieht noch aus wie neu. Die wenigen Risse in der Ausmauerung wären mit einem neuen Schamottesatz zu beseitigen und so das Gerät aus technischer Sicht gut für weitere 25 Jahre. Das war dem Gesetzgeber natürlich wurscht, als er mit der BImSchV II etwas aufgelegt hat, über das echte Fachleute wie Kaminkehrer und Ofenbauer insgeheim nur den Kopf schütteln. Wie auch immer, aus einem Blick werden zwei Blicke, aus zwei Fragen werden drei Fragen und so wird´s 21:00 Uhr. Was bedeutet, dass an einen Lebensmittel-Einkauf heute nicht mehr zu denken ist. Info für die Leser in anderen Bundesländern: In Bayern schließen die Läden um 20:00 Uhr. Was ich grundsätzlich im Sinne der Angestellten im Einzelhandel für gut halte, sorgt heute dafür, dass ich meine Prinzipien (siehe oben) kurz aufgeben muss und als Rettung in der Not ausnahmsweise das amerikanische Spezialitätenrestaurant mit dem großen, gelben „M“ herhalten muss.
So stehe ich um 22:30 Uhr mit einer „Chicken-Box“ und einem „Snack-Salat“ wieder genau da, wo ich am Montag schon einmal gewesen bin: Vor dem Lager beim Großhandel nahe Regensburg. Sie erinnern sich: Ich habe da noch eine Camina S14 im Auto stehen und die soll nach Gerasdorf bei Wien, was ja bekanntlich ziemlich weit im Osten Österreichs liegt. Und damit die Sache – Stichwort Ökologie und Ökonomie – effektiv wird, laden ich am Freitagfrüh nochmal etwas bei. Mein heutiger Schlafplatz ist denkbar ruhig. Kein „Meeresrauschen“, kein Viktor und sogar der Wind hat deutlich nachgelassen.
Freitag 8:00 Uhr, km Stand 2.168,7
Ein Scan 85-4 Maxi gehört zu den ganz besonders edlen Gewächsen in Sachen Kaminofen. Und so ein feines Stück ziert jetzt den Laderaum im OFEN-TAXI. In weißer Farbe. Es gibt Öfen, die möchte man gar nicht ausliefern, sondern lieber selbst behalten. Das hier wäre so einer. Um 09:00 Uhr bin ich bei REWE versorgt und auf dem Weg nach Steyr in Österreich, einige Kilometer südlich von Linz. Das sollte sich bis Mittag ausgehen, jedenfalls habe ich mich letzte Woche für 12 – 13:00 Uhr dort angemeldet.
Während es die letzten zwei Tage eher ruhig war, habe ich jetzt kaum eine Pause zwischen den Telefonaten. Im Gegenteil – der nächste klopft schon an, während man mit dem letzten noch nicht fertig ist. Ein Anruf beschäftigt mich auch noch länger. Von Brunner kommt die Info, dass ein für nächste Woche bestätigtes Gerät erst mit der Lieferung in der übernächsten Woche kommen soll. Dumm nur, dass der besagte Ofeneinsatz schon fest in eine Tour eingeplant ist. Grund für die Verzögerung ist nicht das Gerät an sich, sondern ein fehlender Schamottesatz. An dieser Stelle zeigt sich dann, wie hilfreich es ist, auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen zu können. Ich kann mit ein paar Anrufen den passenden Schamottesatz bei einem Kollegen auftreiben. Tour gerettet – passt. Das mit den Anrufen geht so für die nächsten 2 Stunden, als sich plötzlich Unheil ankündigt. Und zwar in Form einer Kontrolle auf der österreichischen A8, der Innkreisautobahn zwischen Passau und Wels. Alles was nach LKW aussieht runter auf einen speziell ausgestatteten Parkplatz und ab auf die Waage. Jeder, ohne Ausnahme, Durchmogeln unmöglich. Die Waage zeigt genau das an, was ich befürchtet hatte: knapp 200kg Übergewicht. Was dem OFEN-TAXI aus technischer Sicht ziemlich wurscht ist, weckt die Aufmerksamkeit der „Rennleitung“. Also bitte Laderaum öffnen und ein strenger Blick der Beamten auf die Ladungssicherung. Die erweist sich als vorbildlich, ebenso wie die Gewichtsverteilung und der technische Zustand des Fahrzeugs. Es bleibt daher diesmal bei einer Ermahnung, bevor ich weiterfahren darf.
Ich bin pünktlich in Steyr. Gemeinsam mit den neuen Besitzern wird der weiße Scan 85 Maxi entblättert und ich blicke in strahlende Augen. Wie ich erfahre, haben die Kunden das Gerät quasi blind – also nur nach Bildern aus dem Internet – gekauft und waren entsprechend gespannt. „Der ist ja größer als er auf den Bildern aussieht.“ Ja, in der Tat, der hat nicht umsonst den Beinamen Maxi. Noch eine kleine Einweisung zum Gerät und zum Weitertransport vom Carport ins Haus, dann Lieferschein, Barzahlung, vielen Dank, gute Fahrt und weiter geht´s. Für die Autobahnen in Österreich gilt das, was Sie schon weiter oben über die Niederlande gelesen haben. Hier könnten Typen wie unser Andy Scheuer gerne mal einen Kurs belegen, wie man erfolgreich und zu aller Zufriedenheit ein Mautsystem einführt und sich dabei nicht vor aller Welt bis auf die Knochen blamiert. Dennoch ist der Großraum Wien am Freitag zur Rush-Hour natürlich nix für eilige Fernreisende. Daher wähle ich ab St. Pölten die S33, S5 und S1, über die ich mich nördlich der Donau quasi von hinten an Wien heranschleiche. Gleichzeitig erspare ich dem OFEN-TAXI mit seinen mittlerweile über 600.000 km auf der Uhr den beschwerlichen Weg durch den bergigen Wienerwald westlich von Wien. Und siehe da, es funktioniert. Ohne Stau stehe ich um exakt 15:00 Uhr beim Kunden auf der Baustelle in Gerasdorf. Wobei sich umgehend herausstellt, dass es gar keine Baustelle mehr ist, sondern ein längst bewohntes Haus, in welches die Camina S14 nun nachgerüstet werden soll. Meine Kunden sind perfekt vorbereitet, die Garage ist bereits leergeräumt und so ist der gesamte Kaminbausatz in gerade mal 15 Minuten entladen und verstaut. Man versteht sich prächtig und das Verhältnis zwischen Österreichern und Deutschen ist auch heute noch die eine oder andere scherzhafte Bemerkung wert.
Etwas ernsthafter wird es dann bei der obligatorischen Einweisung, da sich aus der Stellfläche ein paar Fragen ergeben. Ein Stahlträger macht als brandschutztechnisch besonders zu schützendes Bauteil ein paar Sorgen und der Schornsteinanschluss wird etwas seitlich versetzt errichtet werden müssen. Macht aber nix, nach gut einer Stunde ist auch das geklärt. Ganz nebenbei hatten wir es hier mit einer S14 zu tun, die mit einem so genannten Schmid Cat Case (kurz: SCC) ausgestattet war. Eine Besonderheit für Österreich und dem dort nochmal etwas strengere Luftreinhaltegesetz geschuldet, unter Insidern kurz §15a genannt. Man sollte also tunlichst darauf achten, für Österreich das richtige Gerät zu bestellen, da ansonsten der / die zuständige Rauchfangkehrer / -in Ärger macht.
Es ist mittlerweile 17:00 Uhr, Wien zeigt sich von seiner schönsten Seite, nämlich trotz Herbst noch sonnig und warm. Die Verkehrslage ermuntert auch nicht gerade dazu, jetzt sofort den Heimweg anzutreten. Daher entschließe ich mich zu einer kurzen Pause an einem der vielen Badeteiche im Großraum Wien. Auch wenn das Wasser schon empfindlich frisch ist um diese Jahreszeit, kommt nochmal sowas wie Sommerfeeling auf. Das sehen die Mücken leider auch nicht viel anders und so wird´s ein kurzes Intermezzo. Egal, um diese Jahreszeit gilt es, jeden Sonnenstrahl mitzunehmen. Der Winter wird noch lang genug.
Anschließend folgt eine kurze Inventur in der Kühlbox. Die ergibt, dass der Inhalt nicht mehr so wirklich zum satt werden reicht, also ab in den nächsten „Billa“. Insgeheim hatte ich gehofft, womöglich schon am Freitagabend zuhause zu sein, wenngleich eigentlich klar war, dass das kaum zu machen ist. Und da sich laut Ö3 die Lage auf der Westautobahn Richtung Linz noch immer nicht entspannt hat, nutze ich die Zeit um nochmal das Notebook hochzufahren, einige Bestellbestätigungen zu schreiben und diverse Emails zu bearbeiten. So wird es tatsächlich 21:00 Uhr, als der Anlasser für heute zum letzten Mal den Diesel anwirft. Für den Rückweg nutze ich die A21, die von Wien zunächst ziemlich steil hinauf in den Wienerwald führt, der seinerseits quasi das nordöstliche Ende der Alpen bildet. In die andere Richtung ist der Blick von hier oben auf die Stadt immer wieder ein Erlebnis, egal ob Tag oder Nacht. Von jetzt an geht´s bergab, über den Knoten Steinhäusl und dann beinahe schnurgerade und gut ausgebaut bis nach Linz. Dort biege ich auf die Autobahn Richtung Passau ab und finde auf dem nächsten Parkplatz auf Anhieb ein Plätzchen für die Nacht. Es geht eben Richtung Wochenende und da lässt der Andrang spürbar nach.
Während ich esse und dabei meine Umgebung in Augenschein nehme fällt mir auf, dass ich mal wieder auf einer ganz bestimmten Sorte Parkplatz gelandet bin. Die gibt´s in Österreich und Deutschland gleichermaßen, vorzugsweise mit angrenzendem Wald oder Gebüsch und etwas sparsamer Beleuchtung. Hier treffen sich – überwiegend männliche – Zeitgenossen zur schnellen Nummer. Moralisch bin ich garantiert der letzte, der hier mit erhobenem Zeigefinger daherkommt, zumal das alles sehr diskret stattfindet und man es quasi nur mitbekommt, wenn man das Treiben für längere Zeit beobachtet. Unbeteiligte oder gar Kinder würden hier und um diese Zeit sicher nicht belästigt, da wäre die Toleranzgrenze dann auch bei mir überschritten. So aber hat ein Parkplatz wie dieser durchaus auch seine Vorteile: Wo nämlich die ganze Nacht „Verkehr“ herrscht, treibt sich sonstiges Gesindel in Form von Planenschlitzern, Dieseldieben, Dealern etc. eher nicht rum. Hier nun schreitet zwischen anderen späten Parkplatzbesuchern auch ein dank Minirock und Netzstrumpfhose erkennbar frierender Damenwäscheträger mit unsicherem Gang aber beeindruckender Ausdauer auf High-Heels Größe 46 und mit – natürlich blonder – Perücke die Strecke zwischen WC und Parkbuchten hin und her. Man möchte ihm zurufen „Kämm Deine Perücke, lerne auf Heels zu laufen und – gaaanz wichtig – rasier Dir die Beine! Dann klappt das auch mit dem Traumprinzen…“. Stattdessen verhalte ich mich unauffällig, verlasse das Auto lieber nicht mehr und ziehe mich alsbald müde in mein Schlafgemach zurück. Heute ist es wieder da, das „Meeresrauschen“ der Straße.
Samstag, 08:00 Uhr, km Stand 2.872,2
Das Treiben vom Abend zuvor ist bei Tageslicht nicht mehr zu erahnen. Mit dem obligatorischen Instantkaffee und einer nicht mehr ganz so frischen Topfenschnecke führt die letzte Etappe für diese Woche über gut 200 km von Linz nach Hause und ist trotz einer kleinen Verzögerung wegen der neuerdings wieder stattfindenden Grenzkontrolle in Suben nach knapp 3 Stunden abgehakt.
Leider wird damit noch nicht das Wochenende eingeläutet, denn es muss die Tour für die übernächste Woche geplant werden, Lieferscheine und Rechnungen sind abzulegen, die angesammelte Post ist zu bearbeiten und so wird es locker 20:00 Uhr, bis so etwas wie Wochenendstimmung aufkommt.
Der folgende Sonntag dient auch nicht alleine der Entspannung, denn ich weiss ja, dass es am Montag früh wieder hektisch wird und so schadet es nicht, etwas vorzuarbeiten. Und natürlich pflegt sich diese Homepage hier auch nicht von alleine. Irgendwas ist halt immer und der Sonntag daher quasi nie ein echter freier Tag. Aber ich werde mich darüber nicht beklagen. Ich habe mir dieses Leben selber ausgesucht, könnte genauso bei irgendeinem Ofenhersteller oder Großhändler im gepflegten Angestelltenverhältnis unterkommen. Angebote dazu gibt´s genug. Das hätte sicher auch unendlich viele Vorteile, aber eben einen entscheidenden Nachteil: Ich müsste meinen zu 100% selbstbestimmten Tagesablauf aufgeben. Und damit ist das keine Option.
Mit exakt 3.085,7 Kilometern war das hier jedenfalls eine ganz normale Woche. Genau genommen war´s sogar eine der besseren Wochen. Beinahe durchwegs sonnig aber keine Affenhitze, bei der selbst in der Nacht die Koje nicht unter 30°C abkühlt. Kein Schneechaos und keine Vollsperrung, durch die sich eine Tourenplanung augenblicklich in Luft aufgelöst hätte. Keine Panne zur unmöglichsten Gelegenheit und keine schweren Unfälle, deren Eindrücke sich wieder unlöschbar im Gedächtnis eingraben könnten. Manchmal frage ich mich, wie lange ich das noch machen möchte. Offen gestanden, habe ich auf die Frage noch keine abschließende Antwort gefunden. Ich denke, solange meine Gesundheit mitspielt und – na klar - meine Kunden mich noch sehen wollen.
Vielen Dank, dass Sie mich begleitet haben.
Ihr
Steffen Hopp
P.S.: Sie haben noch ein wenig Zeit? Dann lesen Sie Der lange Weg zum neuen OFEN-TAXI