Heizleistung bei Kaminen - Dichtung und Wahrheit

Auch in modernen Häusern mit geringem Energiebedarf werden Kamine mit Sichtscheibe immer beliebter. Nicht unbedingt, weil man den Kamin wirklich zum Heizen braucht, sondern wegen der angenehmen Atmosphäre, die solche Anlagen verbreiten. Ein romantischer Mittelpunkt des Hauses, um den sich die Familie versammelt... wer träumt nicht davon?

Dabei gilt für die Sichtscheiben der Kamine seit einigen Jahren das Motto "je größer, je besser". War man bis vor wenigen Jahren mit dem klassischen Kaminformat von 65cm Breite und 45cm Höhe noch ganz vorne dabei, dürfen es heute gerne Scheiben mit 80, 100 oder gar 120cm Breite sein. Gerne auch noch mehr bzw. über Eck oder als 3-seitig verglaster Kamin. Was einst von Architekten als Designobjekt für die Luxusvilla oder repräsentative Wohnhalle gedacht war, hat der moderne Bauherr gerne aufgegriffen. Mit freundlicher Unterstützung der Hersteller von Brunner über Camina und Schmid bis Leda und Spartherm - große Kamine versprechen schließlich auch ebensolche Umsätze.

Problematisch nur, dass gleichzeitig mit dem Trend zur großen Sichtscheibe die benötigte Heizleistung immer geringer wird. Da sprechen wir heute von KfW 70, KfW 55 oder gar dem Passivhaus, wo man mit einer Leistung von 2-3kW locker ein ganzes Geschoss beheizen kann. Gleichzeitig planen wir aber mit Kaminen, die über eine Nennleistung von 9, 10 oder gar 13kW und mehr verfügen. Es ist dabei nicht etwa so, dass es keine Kamine mit weniger Leistung gäbe. Die sind technisch durchaus machbar - will nur keiner, weil sich eben kaum ein Bauherr mit einem Brennraum in der Größe eines Schuhkartons und einer ebenso kleinen Sichtscheibe anfreunden möchte. Aus optischen Gründen natürlich verständlich.Es ist halt wie im übrigen Leben. Was vernünftig wäre, macht keinen Spaß und was lecker ist, macht dick.

Nun stehen sich in diversen Internetforen zum Thema Bauen und Heizen zwei Lager gegenüber. Da sind auf der einen Seite die Kaminliebhaber, die sich gerne im oberen Regal mit den ganz großen Kaminen bedienen, zum größten Architektur- oder Panoramakamin greifen und sich dann wundern, dass ihnen im Wohnzimmer vor Hitze der Putz von der Wand bröckelt oder die Kaminscheibe nach jedem Heizvorgang schwarz ist, weil man in einem Brennraum mit 1qm halt einfach keinen sauberen Abbrand hinbekommt, wenn man nur 2 Holzscheite verheizt.

Auf der anderen Seite stehen die Energieprofis, die große Kamine sowieso für Teufelszeug halten und am liebsten ganz verbieten würden. Die Gruppe greift dann, wenn überhaupt, gerne mal zum 4kW Kaminofen. Ohne zu merken, dass das gleiche Modell auch mit 8kW im Angebot ist und sich technisch von "ihrem" Kaminofen nicht im geringsten unterscheidet. Nun, die Hersteller haben ihre Hausaufgaben eben auch gemacht und stellen halt einen Ofen mehrmals auf den Prüfstand. Mal mit weniger Holz, mal mit mehr... bis man ein und denselben Kamin oder Ofen mit drei unterschiedlichen Datenblättern liefern kann. Jedem was er möchte. Mehr Leistung? Weniger Leistung? Haben wir - das Datenblatt ist Papier und Papier ist geduldig.

Zeit also, die Sache mal ganz nüchtern zu betrachten:

Unstreitig ist, dass große Architektur- oder Panoramakamine für moderne Häuser eigentlich nicht geeignet sind. Und da macht es keinen Unterschied, ob man von einem Brunner Architektur Kamin, einem Kaminbausatz wie dem Camina S15 oder einem Spartherm Arte 3RL 100 spricht - allesamt zu groß, zu viel Leistung...

Aber man sollte dennoch die Kirche im Dorf lassen, keine unnötige Panik verbreiten und eben nicht nur die NW-Leistung betrachten, sondern den gesamten Leistungsbereich eines Kamins. Und der beginnt z.B. bei einem Schmid Ekko U 55, wie er im Camina S15 verbaut ist, laut Prüfbericht bei etwas mehr als 4kW - bei so genannter Teillast. Man muss also mit dem 3-seitigen Kamin nicht zwangsläufig den Raum überheizen, wenn man ihn im unteren Bereich der möglichen Leistung betreibt.

Wenngleich natürlich auch klar ist, dass der Schadstoffausstoß im Bereich zu geringer Last deutlich ansteigt. Was dem Kaminbesitzer dadurch auffällt, dass die Scheibe schwarz wird und nebenbei weder der Umwelt noch den Nachbarn gefällt. Nach unten sind also der tatsächlichen Leistungsabgabe sehr wohl Grenzen gesetzt. Einen erheblichen Einfluss darauf, wie weit man diese Grenze nach unten verschieben kann, hat der Brennstoff. Verleimte, imprägnierte oder sonst wie behandelte Hölzer verbieten sich ohnehin von selbst, dafür reicht das ganz normale Verantwortungsbewusstsein des Ofenbesitzers gegenüber Mitmenschen und Umwelt.

Doch selbst bei naturbelassenem Stückholz gilt es, unbedingt auf die Restfeuchte zu achten. Im Idealfall liegt die Restfeuchte bei rund 15% oder weniger. Ab 20% Restfeuchte wird es bedenklich und Holz mit mehr als 25% Restfeuchte darf laut Bundesimmisionsschutzgesetz aus gutem Grund gar nicht verheizt werden.

Wer sich also einen Kamin mit großformatiger Scheibe anschaffen möchte, soll das gerne tun und sich dabei nicht von allgemeiner Panikmache beeindrucken lassen. Gleichzeitig sollte man sich jedoch auch bewusst sein, dass man beim Brennholz noch etwas mehr auf die Qualität und Restfeuchte achten muss als andere Ofenbesitzer und trotzdem das Kaminglas jeden Monat einmal mehr putzen darf als derjenige, der seinen Ofen streng nach objektiven Kriterien gewählt hat. Das ist dann eben der Preis der Schönheit. Um welche Art Stückholz es sich dabei handelt, ist übrigens nicht so wichtig, wie es in manchen Foren dargestellt wird. Hauptsache trocken ist die Devise. Wo kämem wir hin, wenn jeder plötzlich nur noch die eine, ideale Holzart verheizen würde?

Namhafte Kaminhersteller wie Brunner, Camina, Leda, Schmid oder Spartherm bieten außerdem auch technische Lösungen an, über die man sich zumindest informieren und nachdenken sollte. Bereits eine Doppelverglasung bewirkt gerade bei Architektur- oder Tunnelkaminen Wunder im Hinblick auf einen sauberen Abbrand und damit eine rußfreie Scheibe und geringere Schadstoffbelastung, da sich so bei gleicher Holzmenge höhere Brennraumtemperaturen erzielen lassen. Elektronische Abbrandsteuerungen wie Brunner EAS, Schmid SMR oder Spartherm S-Thermatik helfen obendrein, sind aber natürlich keine Schnäppchen und lohnen für den Gelegenheits-Heizer daher in den seltensten Fällen.

Mindestens die gleiche Bedeutung wie der Auswahl des Wunschkamins und des Brennstoffes sollte übrigens der Ausführung der Kaminverkleidung beigemessen werden. Hier hat sich in den letzten Jahren die Unsitte durchgesetzt, Kaminverkleidungen aus Dämmstoffen zu erstellen, weil es einerseits billig ist und andererseits ja ohnehin keine zusätzliche Wärme im Raum gebraucht wird. Und genau hier liegt der Denkfehler! Einen Kamin in Dämmplatten einzupacken bedeutet nämlich nicht, dass er dann keine oder weniger Heizleistung in den Raum abgibt. Ganz im Gegenteil. Die Leistung, die der Kamin abgibt, muss in den Raum. Nicht umsonst schreiben Hersteller in den Montageanleitungen die Mindestquerschnitte für Luftgitter vor. Wer die nicht beachtet, riskiert schlichtweg ein Überhitzen des Kamins und damit einen Schaden am Gerät und den Verlust der Garantie.

Wer also einen großen Kamin mit einem Ofenmatel aus Dämmplatten versieht und gleichzeitig die erforderlichen Gitterquerschnitte beachtet, bekommt mit dieser Bauweise eben nicht weniger Leistung in den Raum. Ganz im Gegenteil, da die Wärmeabgabe schnell und intensiv über Konvektion erfolgt, während man bei einem Ofenmantel aus Schamotte oder hochwertigen Kaminbauplatten eine zeitversetzte, sanfte Wärmeabgabe erreichen kann. Hier sei ein Blick in die Datenblätter zu den Kaminen von Brunner empfohlen. Brunner gibt dort zu fast jedem Kamin einen Wert für die "geschlossene Bauweise" an. Als die Anzahl qm wärmeabgebender Oberfläche, bei der auf Konvektionsgitter gänzlich verzichtet werden kann. Natürlich ist diese Oberfläche in der Praxis oft nicht realisierbar, sollte aber zumindest als Denkanstoß mit in die Planung einfließen. Eine wärmeabgabende Oberfläche am Kamin produziert keine zusätzliche Leistung! Sie hilft aber dabei, die ohnehin vorhandene Leistung angenehmer abzugeben. Ein Gewinn für Heizkomfort und Wohlbefinden gleichermaßen.

Wenn man über moderne Kamine spricht, kommt man auch am Thema Kaminbausatz oder Systemkamin nicht vorbei. Jeder Hersteller, der etwas auf sich hält, hat heute hochwertige Kaminbausätze im Angebot. Brunner BSK, Camina S oder Spartherm SIM... Allen gemeinsam ist, dass Sie den selber zusammengewürfelten "Bausätzen" diverser Onlineshops in jedem Fall vorzuziehen sind. Während es sich nämlich bei den allermeisten Billig-Bausätzen um eine Verkleidung aus Dämmplatten mit etwas Kleber handelt, die zudem meist auch noch selber zuzuschneiden sind, verwenden Brunner, Camina und Spartherm für ihre eigenen Systemkamine hochwertige Speichermassen als wärmeabgebende Oberfläche - siehe oben. Die Teile sind passgenau vorgefertigt, optimal auf den jeweiligen Kamineinsatz abgestimmt, Gitter- und Konvektionsöffnungen wie erforderlich vorgesehen und der gesamte Systemkamin ist damit schlichtweg eine Konstruktion aus einem Guss. Der Griff zum No-Name-Bausatz aus dem Onlineshop lohnt also nicht wirklich, auch wenn darin ein Marken-Kamin verbaut sein sollte.

Wer nun alles das berücksichtigt hat, trockenes Brennholz verwendet, dem Ofen nicht die Zuluft ständig abdreht und trotzdem immer noch mit einer ständig schwarzen Kaminscheibe zu kämpfen hat, muss ebenfalls nicht verzagen. In den meisten Fällen hilft es dann, vom Kaminkehrer zunächst einmal eine Zugmessung durchführen zu lassen. Liegt der erforderliche Förderdruck im Abgasweg weit abseits des Wertes, der vom Hersteller angegeben wird, kann die gesamte Verbrennugsluftführung im Gerät einschließlich der Scheibenhinterlüftung nicht korrekt funktionieren und die Scheibe verrußt mehr oder weniger stark. Wird für den verbauten Kamin also ein Wert von 12Pa für den erforderlichen Förderdruck angegeben und liegt dieser Wert in der Praxis bei 25 oder 30Pa, zieht der Schornstein zu stark. Damit wird z.B. die von oben hinter der Scheibe einströmende Verbrennungsluft sofort nach oben "abgesaugt" und gelangt nicht in die Brennraum-Mitte. Ein unsauberer Abbrand ist die Folge und zudem wird die Scheibenhinterlüftung wirkungslos. Hier kann in Absprache mit dem Kaminkehrer jedoch meist Abhilfe geschaffen werden, beispielsweise mit dem nachträglichen Einbau einer Drosselklappe.

Fazit: Das Thema der prinzipiell zu hohen Leistung großformatiger Kamine ist durchaus ernst zu nehmen, muss aber auch nicht so heiß gegessen werden, wie es im einen oder anderen Internetforum gekocht wird. Wer es bei der Auswahl des Kamins nicht gerade gnadenlos übertreibt und bei der Ausführung der Verkleidung auf eine angemessene Materialauswahl und die korrekte technische Umsetzung achtet, wird auch mit einem etwas zu großformatigen Kamin seine Freude haben. Schließlich dient das gute Stück einen Großteil des Jahres ja - ganz ohne Feuer und Heizleistung - einfach nur als Deko-Objekt. Und da macht sich sowas natürlich viel besser als eine "Schuhschachtel mit Guckloch".

Übrigens: All das und noch viel mehr gehört zum Umfang einer persönlichen Beratung bei Ihnen vor Ort.

Ihr Steffen Hopp

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